Video: Christian Grundey

Abaporu: Das Andere Verschlingen

Abaporu (Tupi-Sprache): der Menschenfresser

„Tupi, or not Tupi, that is the question.”
(Aus dem Manifesto Antropófago, Oswald de Andrade, 1928)

Die Vorstellung von wilden Menschenfressern hat Europäern in Brasilien über Jahrhunderte Schrecken eingejagt und wurde als Vorwand für die Unterdrückung und Verdrängung der indigenen Tupi-Kultur genutzt. Der Akt des Verschlingens der Kolonisatoren ist auch eine Metapher, für den Umgang mit dominanten kulturellen Einflüssen, eine selbstbewusste Inkorporation von Unterschieden. Als kulturelle Praxis wurde es zum Prinzip der kulturellen Bewegung der Antropofagia in Brasilien in den 1920er Jahren. Die anthropophagische Bewegung versteht, dass die brasilianische Kultur im Zeichen des kritischen und respektlosen Verschlingens einer immer schon vielfältigen und veränderlichen Andersartigkeit entstanden ist. Diese Performance erforscht wie das Prinzip der Anthropophagie ein Rezept bietet für die Selbstbehauptung gegenüber Unterdrückungen einer Merheitsgesellschaft. Mit vier Performer:innen aus vier Ländern wird in einer karnevalistischen, orgiastischen, nicht elitären, ethnisch gemischten Performance Unterdrückung bloßgestellt und dekonstruiert. Abgrenzungen werden aufgelöst und verschlungen, Identitäten und Fremdbestimmung verzehrt, zermahlen, widergekäut und zusammen mit unserem Unbehagen wieder hervor gewürgt. In einer Pendelbewegung zwischen Zerstörung und Aufbau werden so unsere Gemeinsamkeiten und unsere Identitäten hinterfragt und das Hybride als Lösung, der Unterschied als das, was uns verbindet präsentiert.

Premiere: 11. März 2022, Lichthof Theater Hamburg

Weitere Aufführungen:
12. & 13. März 2022, Lichthof Theater Hamburg
10. September 2022, HundertPRO Festival, Ringlokschuppen Ruhr, Mühlheim
04. & 05. Februar 2023, Sprechwerk, Hamburg


Idee & Konzept: Analy Nágila Freitas Reis
Regie, Performance, Dramaturgie, Choreographie: Analy Nágila Freitas Reis
Performance, Choreographie: Sujin Lee, Marco Merenda, Göktuğ Engel
Regieassistenz: Max Mandery und Brenda Alaís
Dramaturgische Beratung: Gabriel Zocrato, Hannes Hübener, Jacqueline Saki Aslan
Bühnenbild Design: Daniel Ducato und Robert Lütjens
Lichtdesign: Lars Kracht
Makeup: Brenda Alaís
Bühnenbild Umsetzung: Hannes und Max Hübener
Kostüme: Marco Merenda
Graphikdesign: Raphael Freire

Photos: G2 Baraniak

Gefördert durch: Freie und Hansestadt Hamburg, Behörde für Kultur und Medien, und die Hamburgische Kulturstiftung.